Tagebuch « Nachhilfestunden in Heimweh », 1972, 5
Ich hatte ziemlich teilnahmlos am Tisch gesessen und mich mit dem Essen beschäftigt
Wie das so in letzter Zeit meine Art geworden war. Die Leute wussten schon, dass ich kein amüsanter Gesellschafter war und liessen mich meist in Ruhe
Sicher hatte ich schon den Ruf langweilig und arrogant zu sein, weil ich keine Geschichten zu erzählen wusste, einwillig antwortete und lediglich mit übertriebener Höflichkeit meine Langeweile zu kaschieren suchte. „Kontactarmut“ nennt man das wohl heute. Und “frustriert“. Lire la suite
Tagebuch « Nachhilfestunden in Heimweh », 1972, 4
Wie oft habe ich Simone so beobachtet. Manchmal hatte mich der Anblick so überwältigt, dass ich vorsichtig das Kissen küsste, unter dem sie ihren Kopf versteckte, so dass man nur den lächelnden Mund sieht und die grossen breiten Nasenflügel, die sie immer so aufbläht wenn sie sich in den Spiegel schaut
Wird es noch lange so weitergehen, werde ich noch Jahre lang nachts im Bett aufsitzen in ein schlafendes Gesicht schauen und dabei an Simone denken? Es gibt Augenblicke, (die manchmal den ganzen Tag vergolden), in denen ich mich so jung fühle, dass ich garnicht begreifen kann wie die Zukunft ohne Simone aussehen wird. Lire la suite