GUTE NACHT, MARY (1950) N.N., 8.9.[1950]

GUTE NACHT, MARY (1950)

N.N., 8.9.[1950]

Tagebuch « Nachhilfestunden in Heimweh », 1972, 5

Tagebuch "Nachhilfestunden in Heimweh", 1972

Tagebuch « Nachhilfestunden in Heimweh », 7.-8. Kapitel, begonnen in Tokio, 9.2.1972

Ich hatte ziemlich teilnahmlos am Tisch gesessen und mich mit dem Essen beschäftigt

Wie das so in letzter Zeit meine Art geworden war. Die Leute wussten schon, dass ich kein amüsanter Gesellschafter war und liessen mich meist in Ruhe

Sicher hatte ich schon den Ruf langweilig und arrogant zu sein, weil ich keine Geschichten zu erzählen wusste, einwillig antwortete und lediglich mit übertriebener Höflichkeit meine Langeweile zu kaschieren suchte. „Kontactarmut“ nennt man das wohl heute. Und “frustriert“. Lire la suite

Tagebuch « Nachhilfestunden in Heimweh », 1972, 4

Tagebuch "Nachhilfestunden in Heimweh", 1972

Tagebuch « Nachhilfestunden in Heimweh », 7.-8. Kapitel, begonnen in Tokio, 9.2.1972

Wie oft habe ich Simone so beobachtet. Manchmal hatte mich der Anblick so überwältigt, dass ich vorsichtig das Kissen küsste, unter dem sie ihren Kopf versteckte, so dass man nur den lächelnden Mund sieht und die grossen breiten Nasenflügel, die sie immer so aufbläht wenn sie sich in den Spiegel schaut

Wird es noch lange so weitergehen, werde ich noch Jahre lang nachts im Bett aufsitzen in ein schlafendes Gesicht schauen und dabei an Simone denken? Es gibt Augenblicke, (die manchmal den ganzen Tag vergolden), in denen ich mich so jung fühle, dass ich garnicht begreifen kann wie die Zukunft ohne Simone aussehen wird. Lire la suite

Tagebuch « Nachhilfestunden in Heimweh », 1972, 3

Tagebuch "Nachhilfestunden in Heimweh", 1972

Tagebuch « Nachhilfestunden in Heimweh », 7.-8. Kapitel, begonnen in Tokio, 9.2.1972

[…] Sie liebte mich noch immer, auf ihre Weise

Aber das Leben drängte auf sie ein. Die panische Angst, mit der sie seit zwei Jahren ihr Leben vorbeiziehen sah. Ohne Kinder, mit fünf Häusern, aber ohne Heim. Und Nächten mit quälendem, dumpfen Schlaf

Mit burschikoser Herzlichkeit ein Gutenachtwort “Dors bien, ma petite“. Noch ein paar belanglose Worte im Dunkeln, mit denen wir uns gegenseitig über die Leere, über das Unausgesprochene hinwegschwindelten. Dann Stille, in der man den Andern belauscht. Lire la suite

Tagebuch « Nachhilfestunden in Heimweh », 1972, 2

Tagebuch "Nachhilfestunden in Heimweh", 1972

Tagebuch « Nachhilfestunden in Heimweh », 7.-8. Kapitel, begonnen in Tokio, 9.2.1972

Ich gehe eigentlich nur hinauf auf mein Zimmer um Bewegung zu machen. Immer action vortäuschend am meisten mir selbst. Ich ordne ein paar Papiere, räume angebrochenene Tabakschachteln aus den Taschen in den Koffer. Ich bin schon schon jetzt, am Anfang meiner Reise, nicht sicher, ob ich ihn zukriege

Ich habe einfach keine Übung im Kofferpacken Lire la suite

Tagebuch « Nachhilfestunden in Heimweh », 1972, 1

Tagebuch "Nachhilfestunden in Heimweh", 1972

Tagebuch « Nachhilfestunden in Heimweh », 7.-8. Kapitel, begonnen in Tokio, 9.2.1972

Tokyo 9.II.72 . Mittwoch

“Sehr geehrter Herr, Ihre Gattin ist auf dem Weg. Ich versuche jetzt Ihr Visum für Taipeh zu bekommen und rufe Sie an, sobald es geklappt hat.“

Diese Mitteilung fand ich um 10 h beim Portier vor, als die Leute, die mir das Ping-Golfset verkaufen wollten, gegangen waren. Lire la suite

Gedanken über das Schauspielern, ca. 1940er Jahre, 2

Gedanken über das Schauspielen, ca. 1940er Jahre

Gedanken über das Schauspielen, ca. 1940er Jahre

Ich schäme mich nicht zwei Erlebnisse, die mir tiefen Einblick in die Höhen und Tiefen des menschlichen Daseins gewährten, zum Anlass zu nehmen, die Art des Darstellungsstils, welchen moderne Psychoanalyse einerseits, der Wunsche zum überhöhten Realismus und die Sehnsucht jedes Künstlers nach Wahrhaftigkeit andererseits, zu analysieren.

Ich habe mich sogar, während ich Augenzeuge dieser beiden „Scenen“ aus dem Leben war, dabei ertappt, die Acteure in gute und schlechte Schauspieler einzuteilen. Ich ging also soweit, Menschen, die in ungewöhnlichen Situationen belauscht wurden, nach ihrer Reaktion zu bewerten. Lire la suite

Gedanken über das Schauspielen, ca. 1940er Jahre, 1

Gedanken über das Schauspielen, ca. 1940er Jahre

Gedanken über das Schauspielen, ca. 1940er Jahre

Die Kamera “spürt“ was der Mensch denkt, sie “wittert“ jede Veränderung und, wenn Du ihr richtig entgegentrittst reisst sie Dir erbarmungslos alle Hüllen vom Leibe und Du stehst nackt armselig vor ihr ausgeliefert, bereit Dir in’s Herz schauen zu lassen

Und wie jeder Schaffensprozess ein zumeistens fast erotisches Glücksgefühl ist, so ist das vollendete Zusammenklingen auch bei unserem Beruf erst möglich wenn die Scham sich jubelnd verflüchtigt und nur Liebe und Demut bleibt. Lire la suite

Schriften zur « neuen » Form des Theaters und sein Verhältnis zum Film, 1940er Jahre

Schriften zur "neuen" Form des Theaters und sein Verhältnis zum Film, 1940er Jahre

Schriften zur « neuen » Form des Theaters und sein Verhältnis zum Film, 1940er Jahre

So grausam es klingen mag; die Theaterkrise bietet einen günstigen Anlass sich auf die Suche nach einer neuen Form des Theaters, nach einem Stil zu begeben, der den veränderten kulturellen und zivilisatorischen Umständen unserer Zeit Rechnung trägt. Ich sage ausdrücklich zivilisatorisch, weil es keinen Sinn haben kann, wollten wir die Entwicklungen der Hygiene und der Technik nicht auch in die moralischen und ästhetischen Betrachtungen über das heutige Theater einbeziehen. Lire la suite

Schriften zum Schauspieler im Theater und im Film, ca. 1940er Jahre

Schriften zum Schauspieler im Theater und im Film, ca. 1940er Jahre

Schriften zum Schauspieler im Theater und im Film, ca. 1940er Jahre

Schauspieler[,] die am Theater mit Leichtigkeit seitenlange Texte auswendig lernen, die zum Studium einer Rolle grossen klassischen Ausmasses nur wenige Tage brauchen kleben oft ängstlich an einem Dialogfetzen wenn die Kamera zu surren beginnt:

Ist es die Nervosität der Premiere? Nein[.] Die Angst vor der “Technik“? Wohl nur zum Teil: Immer muss es das unbewusste Gefühl der Unterlegenheit gegenüber einem Ding sein das immer konzentriert ist.

Die Kamera ist immer konzentriert

gesammelt

Der Mensch und der Darsteller vor allem leider nicht.

Die Kamera erinnert mich oft an ein Tier, das den Menschen verwundert, gesammelt, überlegen, mit der atavistischen Konzentrationsfähigkeit anschaut.

Schriften zum Schauspieler im Theater und im Film, ca. 1940er Jahre

Schriften zum Schauspieler im Theater und im Film, ca. 1940er Jahre

Die Erkenntnis, dass eine Scene wirkungslos ist wenn der Darsteller nicht im richtigen Licht steht, hat den Filmschauspieler gezwungen aus der Beengung, der Einschränkung der persönlichen Freiheit wie ich es nennen möchte, eine Tugend zu machen und so muss seine Arbeit viel mehr als am Theater immer eine gebändigte eine beherrschte Leistung sein, deren Kraft eben darum suggestiv und unmittelbar wirkt. Lire la suite