Curd Jürgens an seine Schwester Jeannette. München, 10.8.1946

Curd Jürgens an seine Schwester Jeannette. München, 10.8.1946

Curd Jürgens an seine Schwester Jeannette. München, 10.8.1946

Liebes Jeannetteli!
Vorerst alles alles Liebe und Gute zu Deinem Geburtstag, obwohl Dich dieser Brief erst wesentlich später erreichen wird.

Deine Pakete trudeln hier scheinbar vollzählig ein, obwohl es gut wäre, wenn Du mitteilen würdest, wie viel du abschickst, damit wir wenigstens traurig sein können, wenn wir wissen, was nicht ankommt. Deine rührenden Überschriften beherzige ich aufs strengste. Du kannst Dich darauf verlassen, dass Mama und Marguerite den Inhalt voll bekommen; lediglich die Zigaretten nehme ich mir heraus, weil das ein Artikel ist, der in Deutschland der Zauberschlüssel für alles ist.

In diesem Zusammenhang schreibe ich Dir jetzt nur ganz kurz und sachlich in aller Eile, während ich in furchtbarer Arbeit stecke, um Dich über folgende Dinge zu informieren.

Mein Freund Charles Weston, Legal Division OMGB HQ 3rd Mil. Gov. Rgt. APO 170 c/o PM NYC, mit dem mich, wie ich Dir bereits schrieb, eine Kinderbekanntschaft und Freundschaft verbindet, transportiert diesen Brief per Air mail und berichtet und schlägt Folgendes vor:

Ich weiss nun nicht, liebes Jeannetteli, in welcher finanziellen Situation Du Dich wirklich befindest und ob Dir ein paar Dollars Schwierigkeiten bedeuten oder nicht. Auf alle Fälle ist unser aller Ansicht nach ein grosser Fehler, wenn Du erstens die Pakete per Zoll und Postgebühren nach Deutschland schickst. Jede Postgebühr muss Dich doch schätzungsweise einen Dollar kosten. Adressierst Du diese Pakete direkt an Charles Westons Adresse, sparst Du diesen Dollar. Für 8,55 Dollars kann ich durch ie Firma Fraser und Morrison (die im übrigen ihre Geschäfts-

Curd Jürgens an seine Schwester Jeannette. München, 10.8.1946

Curd Jürgens an seine Schwester Jeannette. München, 10.8.1946

usancen in den Zeitungen anno[n]ciert 10 Kartons = 2000 Zigaretten via Charles Weston franko hier abholen. Diese Zigaretten setzten mich instand, einen voll genügenden Monatsetat für die ganze Familie aufzustellen, der sowohl Mama als Marguerite und mir völlig ausreichende Verpflegung garantiert. Im übrigen habe ich Dir ja eine Anweisung für die ten and one packs geschickt, die allerdings 15 Dollars kosten und die in ihrer Wirkung (Kaufkraft = Tauschwert) lange nicht die Kapazität des Zigarettenpakets haben. Es ist also nichts weiter nötig als an Charles Westons Adresse per Scheck ein grösseres oder kleineres Dollar-Kontingent, je nach Deinem, liebes Jeannetteli, möglichem finanziellen Zustand zu schicken und dies mit der Bitte, es Charles Weston mitzuteilen, bezw. ihm in bar oder Traweller [= Traveller] check dieses Dollar-Kontingent an seine deutsche Militärregierungsadresse zu schicken.

Du musst die Sache richtig verstehen, liebe Jeannette, es bestünde dadurch die Möglichkeit, dass Du, wie ich aus dem Inhalt Deiner Pakete ersehe, oder [=ohne] grosse Geldausgabe der gesamten Familie und zuletzt auch mir, der ich hier in nicht so rosigen Verhältnissen lebe, wie Du es scheinbar aus Zeitungen und Briefen entnimmst, eine Lebensverbesserungsmöglichkeit zu schaffen, die uns die Zeit wirklich so überdauern lassen könnte, wie es nötig erscheint.

Zu Deiner weiteren Information teile ich Dir mit, dass Du portofreie Pakete bis zu 70 Pfund in der Grösse von 100 inches der Länge und Breite ebenfalls an Charles Adresse schicken kannst, die wesentlich schneller ankommen, nicht kontrolliert werden, nicht verzollt werden und wie gesagt, das Porto ersparen. Ausserdem kannst Du, wie ich höre, bis zu 30% der für europäische Hilfszwecke ausgegebenen Gelder von der Steuer absetzen, da sie nach amerikanischem Gesetz als Wohltätigkeitsspende von der Steuer abzuziehen sind. Das hiesse also, das praktisch fast jedes dritte

Curd Jürgens an seine Schwester Jeannette. München, 10.8.1946

Curd Jürgens an seine Schwester Jeannette. München, 10.8.1946

8-Dollar-Paket Dich bezw. Herbert schon wieder nichts kostet.

Liebes Jeannetteli, entschuldige Sachlichkeit und Schreibmaschine. Charles Weston sendet heute Luftpost nach Californien und ich will nicht verfehlen, Dir diese Mitteilung über deren u n e r h ö r t e Wichtigkeit sicher in der amerikanischen Zivilbevölkerung völlige Unklarheit besteht, Mitteilung zu machen.

Ich versuche, nicht zuletzt durch die Hilfe meiner Judith, nach Österreich zu kommen und habe zwar nicht die Absicht dort zu bleiben, aber die Möglichkeit, durch einflussreiche Persönlichkeiten, österreichischer Staatsbürger zu werden.

Meine künstlerische Tätigkeit Tätigkeit in München ist sehr befriedigend. Ich spiele jetzt den “Liliom“ von Franz Molnar, das Stück, welches jahreland in [= am] Broadway unter dem Titel Karusell [= Karussell] gelaufen ist.

Also, liebe Jeannette, verstehe mich recht; besser, billiger und für uns hundertfacher Wert wäre eine einfache Dollar-Anweisung an Charles Weston, Legal Division OMGB HQ 3rd Mil. Gov. Rgt. APO 170 c/o PM NYC Dr. Schmidt-Westfal, Los Altos, Californien.

Ich hoffe, liebe Jeannette, dass Du den Inhalt dieses Briefes richtig verstehst und es nicht als Unverschämtheit betrachtest, wenn ich Deinen bezaubernden Intentionen, uns zu helfen, so präzise Richtlinien erteile und bitte Dich, mir den Empfang dieses Briefes über via Air[l] mail Charles Weston Army Post zu bestätigen.

Sowie etwas Ruhe ist, folgt ein längerer, privater Brief (handschriftlich), von denen, die ich Dir im übrigen schon einige geschickt habe und nicht weiss, ob Du sie erhalten hast.

Liebe Jeannette, für Dich und Herbert meine innigsten Grüsse,

Curd Jürgens an seine Schwester Jeannette. München, 10.8.1946

Curd Jürgens an seine Schwester Jeannette. München, 10.8.1946

Wünsche und herzlichsten Dank im Namen der Familie von

Deinem

[Curd]

Curd Jürgens an seine Mutter Marie-Albertine (« Moussia »). [Wien], ca. 1951

Curd Jürgens an seine Mutter Marie-Albertine ("Moussia"). [Wien], ca. 1951

Curd Jürgens an seine Mutter Marie-Albertine (« Moussia »). [Wien], ca. 1951

Mein liebes Motschilein, ich kann einfach nicht französisch schreiben, dann wird nie ein Brief kommen.

Es ist alles sehr schwer.

Ich glaube, ich habe die grösste Dummheit meines Lebens gemacht, Euch zu verlassen[.] Wie kann ich das nur wieder gut machen

Es tut sich nichts.

Das Mädchen hab ich weggeschickt, Auf Biegen und Brechen. Nach Rom.

Mit Judith hatte ich beschlossen wieder anzufangen. Es will nicht gehen[.] Wir haben kein Vertrauen mehr zueinander

Ich kann Dich, Motschilein, jetzt nicht holen, ich verdiene nur meine läppische Burgtheatergage von der ich selbst nicht leben kann. Film ist nix.

Désastre.

Bei Euch war es so schön, wie ganz selten im Leben. 10000 Dank

Euer ungetreuer Curd

Curd Jürgens an seine Mutter Marie-Albertine ("Moussia"). [Wien], ca. 1951

Curd Jürgens an seine Mutter Marie-Albertine (« Moussia »). [Wien], ca. 1951

Curd Jürgens an Paul E. Moeller. [München], 9.5.1946

Curd Jürgens an Paul E. Moeller. [München], 9.5.1946

Curd Jürgens an Paul E. Moeller. [München], 9.5.1946

Lieber Herr Möller !

Ich habe einen recht interessanten Plan in Bezug auf eine Film-Produktion. Ich würde mich sehr gerne einmal mit Ihnen darüber unterhalten. Im übrigen würden Sie mir einen grossen Gefallen tun, wollten Sie Ihrem Sekretariat Anweisung geben lassen, mir die unendliche Vielzahl der Formulare, welche man zur Einreichung einer Film-Lizenz benötigt, an mein Büro, München, Paradiesstrasse 10, übersenden zu lassen. Ich möchte diese Prozedur schon bis zu dem Zeitpunkt, an dem Sie mich freundlichst empfangen wollen, erledigt haben.

Ich stehe vor 2 grossen Premieren zur Eröffnung des Staatstheaters und habe an sich Arbeit genug, aber man muss ja auch mal an die Zukunft denken und der Film ist und bleibt doch einer unserer liebsten Zukunftsträume.

Mit den besten Grüssen

Ihr

[Curd Jürgens]

WIENER MÄDELN (1945) Curd Jürgens an Willi Forst, 26.6.1946

WIENER MÄDELN (1945)

Curd Jürgens an Willi Forst, 26.6.1946

WIENER MÄDELN (1945)

26. Juni 1946.

Lieber Herr Forst !

Nach vielen vielen ungenauen Nachrichten über Sie, über Wien, über den Film und das Theater, habe ich nun endlich von Judith eingehende Berichte erhalten. Also Gott sei Dank: Wenn auch mühsam, haben Sie es doch aber gut überstanden und: die Zukunft kann nur schöner werden. Ihr Schwager, Karlheinz Langbein ist oft mit mir zusammen. Er, Viktor Becker und ich, wir sitzen oft beisammen und denken an Wien und die Forst-Film.

Judith berichtet eben, dass Sie also endgültig im August versuchen wollen, die Nachaufnahmen für die „Wiener Madln“ zu starten. Ich bitte Sie mir doch behilflich zu sein, die Papiere zu bekommen, um Anfang August nach Wien reisen zu können. Ich habe von hier aus keinerlei Möglichkeit, eine Ausreise-Genehmigung zu erhalten. Es existiert keine zuständige Stelle, aber ich weiss, dass man mit einer amtlichen Anforderung aus Wien von hier aus über die Grenze kommen kann. Eine solche besitzt z.B. Herr Hotter, der öfters zum Staatsopern-Gastspiel nach Wien reist. Sie würden mir einen ganz großen Gefallen tun, wenn Sie vielleicht schon der Überbringerin dieses Briefes, Paula Stuck von Reznicek, ein paar Unterlagen mitgeben könnten. Die Sache kann nicht früh genug eingeleitet werden und ich will doch unter allen Umständen wieder zu Euch nach Wien.

Nehmen Sie im Voraus, lieber Herr Forst, meinen herzlichsten Dank, in der Hoffnung, Sie recht bald sehen zu können und meine herzlichsten Grüsse an Frau Melly und Sie

Ihr [Curd Jürgens]

PS. Karlheinz Langbein hat mich gebeten, ihm aus einer finanziellen Verlegenheit zu helfen. Ich habe ihm hier 2 1/2 Tausend Mark gegeben, die er sich verpflichtet hat, mir in Schilling zurückzugeben. Er wird Ihnen darüber eine Bestätigung senden. Ich habe das Gefühl, dass die arme Judith in Wien nicht sehr viel Geld hat. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würden Sie mir einen ganz großen Gefallen tun, wenn Sie ihr einen Teil oder nach Gutdünken etwas davon zurückgeben könnten. Aber selbstverständlich nur wie Sie wollen und nur, weil Karlheinz mich gebeten hat, Ihnen dies mitzuteilen.

D.U.

WIENER MÄDELN (1949) Curd Jürgens an Willi Forst, 2.8.1946

WIENER MÄDELN (1945)

Curd Jürgens an Willi Forst, 2.8.1946

 

2. August 1946.

Lieber Herr Forst!

Ich habe leider bis heute noch nicht die Anforderung erhalten, ohne die ich unmöglich nach Wien kommen kann. Bitte, lieber Herr Forst, seien Sie doch so gut und reichen Sie die Anforderung umgehend ein, am besten, soweit ich informiert bin, bei Herrn Wolfgang Wolf und wenn Sie diesen noch bitten könnten, in München in der Bavaria anzurufen und dort mitzuteilen, dass ich in Wien zu Synchronisations-Aufnahmen Ihres Filmes gebraucht werde, könnte ich sehr bald in Wien sein. Es besteht leider keine andere Möglichkeit für mich, sonst nach Wien zu kommen und eine ordentliche Einreise zu erhalten. Ich habe jetzt alles so eingeteilt, dass ich zu diesem Termin unbedingt abreisen möchte. Wie Sie ja, glaube ich, wissen, erwartet mich auch Aslan in dieser Zeit und die Entscheidung über die ganze bevorstehende Zukunft muss jetzt während meines, hoffentlich zustandekommenden Wiener Aufenthalts fallen.

Nehmen Sie bitte, lieber Herr Forst, zugleich mit meinen besten Grüssen für Sie und Ihre Frau, meinen besten Dank für Ihre Mühen

Ihr

[Curd Jürgens]

WERNHER VON BRAUN – I AIM AT THE STARS (1960) Curd Jürgens an Wernher von Braun, 23.7.1959

WERNHER VON BRAUN - I AIM AT THE STARS (1960)

Curd Jürgens an Wernher von Braun, 23.7.1959

WERNHER VON BRAUN - I AIM AT THE STARS (1960)

Curd Jürgens an Wernher von Braun, 23.7.1959

Lieber Wernher,
seien Sie mir bitte nicht böse, wenn ich erst jetzt auf Ihren ausführlichen Brief, den Sie nach Hollywood schickten, antworte.
Lassen Sie mich zuerst sagen, wie zauberhaft Simone und ich fanden, daß wir so einen gemütlichen Abend der, trotz allen großen Whiskies, doch noch ein so fruchtbares Gespräch ermöglichte, unerhört erfreulich in der Erinnerung behalten.
Deswegen hat mich auch Ihr Brief, der mir eine Bestätigung für die Gemütlichkeit und auch Fruchtbarkeit unseres Gesprächs an diesem Abend erbrachte, umso mehr gefreut.
Lieber Wernher, es war nicht zu umgehend, – wie Sie sich vielleicht vorstellen koennen, daß ich täglich Dutzende von importanten Journalisten abspeisen mußte, die sich das Thema „Wernher von Braun – I aim to the stars – Jürgens“ nicht entgehen lassen wollten. So habe ich einigen – wie Ihnen wahrscheinlich bekannt ist, Journalisten auch von unserer Unterhaltung und ihrem Ergebnis berichtet. Lieber Wernher, falls Ihnen in diesen Berichten Einiges nicht gepaßt hat, so hoffe ich, daß Sie verstehen wollen, wie sich die Einstellung der Journalisten zu einem Gespräch jeweils verändert.
Ich habe nun Gelegenheit gehabt den von der Columbia und uns mit Enthusiasmus akzeptierten Regisseur des Filmes Lee Thompson zu sprechen. Ich finde es gut, daß es gerade ein Engländer sein wird, der unseren Film macht.

– 2 –

Gerade im Hinblick auf die heiklen Punkte unseres Gespräches!
Wir werden im Oktober beginnen und wie ich höre in Deutschland, in München; wäre es denn nicht möglich, daß Sie während dieser Zeit zu uns kommen und ein bißchen teilhaben an Allem, es wäre wirklich sehr schön, würde ich neben der Arbeit ein paar gemütliche Abende haben. Ich schreibe diesen Brief aus St. Jean, wo ich einen kurzen Urlaub nach dem “Blauen Engel“ in meinem Hause verbringe.
Ich denke sehr daran, daß Sie vielleicht bald nach Europa kommen und wir uns vielleicht auch hier treffen könnten. Schreiben Sie mir doch bitte, wie Sie sich zu einer solchen Europareise stellen?

Mit herzlichen Grüßen und Handkuß
unbekannterweise an Ihre Frau,
und « à bientôt » von Simone,
Ihr Curd