Tagebuch „Nachhilfestunden in Heimweh“, 7.-8. Kapitel, begonnen in Tokio, 9.2.1972
Ich hatte ziemlich teilnahmlos am Tisch gesessen und mich mit dem Essen beschäftigt
Wie das so in letzter Zeit meine Art geworden war. Die Leute wussten schon, dass ich kein amüsanter Gesellschafter war und liessen mich meist in Ruhe
Sicher hatte ich schon den Ruf langweilig und arrogant zu sein, weil ich keine Geschichten zu erzählen wusste, einwillig antwortete und lediglich mit übertriebener Höflichkeit meine Langeweile zu kaschieren suchte. „Kontactarmut“ nennt man das wohl heute. Und “frustriert“. Weiterlesen
https://curdjuergens.deutsches-filminstitut.de/medien/2015/11/8_2_1_Schulheft_Heimweh_1972_001.jpg14001013Isabelle Bastianhttps://curdjuergens.deutsches-filminstitut.de/medien/2015/09/cj-logo-h156.pngIsabelle Bastian2015-11-15 15:28:532015-11-15 15:31:21Tagebuch „Nachhilfestunden in Heimweh“, 1972, 5
Tagebuch „Nachhilfestunden in Heimweh“, 7.-8. Kapitel, begonnen in Tokio, 9.2.1972
Wie oft habe ich Simone so beobachtet. Manchmal hatte mich der Anblick so überwältigt, dass ich vorsichtig das Kissen küsste, unter dem sie ihren Kopf versteckte, so dass man nur den lächelnden Mund sieht und die grossen breiten Nasenflügel, die sie immer so aufbläht wenn sie sich in den Spiegel schaut
Wird es noch lange so weitergehen, werde ich noch Jahre lang nachts im Bett aufsitzen in ein schlafendes Gesicht schauen und dabei an Simone denken? Es gibt Augenblicke, (die manchmal den ganzen Tag vergolden), in denen ich mich so jung fühle, dass ich garnicht begreifen kann wie die Zukunft ohne Simone aussehen wird. Weiterlesen
https://curdjuergens.deutsches-filminstitut.de/medien/2015/11/8_2_1_Schulheft_Heimweh_1972_001.jpg14001013Isabelle Bastianhttps://curdjuergens.deutsches-filminstitut.de/medien/2015/09/cj-logo-h156.pngIsabelle Bastian2015-11-15 15:12:252015-11-15 15:16:31Tagebuch „Nachhilfestunden in Heimweh“, 1972, 4
Tagebuch „Nachhilfestunden in Heimweh“, 7.-8. Kapitel, begonnen in Tokio, 9.2.1972
[…] Sie liebte mich noch immer, auf ihre Weise
Aber das Leben drängte auf sie ein. Die panische Angst, mit der sie seit zwei Jahren ihr Leben vorbeiziehen sah. Ohne Kinder, mit fünf Häusern, aber ohne Heim. Und Nächten mit quälendem, dumpfen Schlaf
Mit burschikoser Herzlichkeit ein Gutenachtwort “Dors bien, ma petite“. Noch ein paar belanglose Worte im Dunkeln, mit denen wir uns gegenseitig über die Leere, über das Unausgesprochene hinwegschwindelten. Dann Stille, in der man den Andern belauscht. Weiterlesen
https://curdjuergens.deutsches-filminstitut.de/medien/2015/11/8_2_1_Schulheft_Heimweh_1972_001.jpg14001013Isabelle Bastianhttps://curdjuergens.deutsches-filminstitut.de/medien/2015/09/cj-logo-h156.pngIsabelle Bastian2015-11-15 15:05:322015-11-15 15:05:32Tagebuch „Nachhilfestunden in Heimweh“, 1972, 3
Tagebuch „Nachhilfestunden in Heimweh“, 7.-8. Kapitel, begonnen in Tokio, 9.2.1972
Ich gehe eigentlich nur hinauf auf mein Zimmer um Bewegung zu machen. Immer action vortäuschend am meisten mir selbst. Ich ordne ein paar Papiere, räume angebrochenene Tabakschachteln aus den Taschen in den Koffer. Ich bin schon schon jetzt, am Anfang meiner Reise, nicht sicher, ob ich ihn zukriege
Ich habe einfach keine Übung im Kofferpacken Weiterlesen
https://curdjuergens.deutsches-filminstitut.de/medien/2015/11/8_2_1_Schulheft_Heimweh_1972_001.jpg14001013Isabelle Bastianhttps://curdjuergens.deutsches-filminstitut.de/medien/2015/09/cj-logo-h156.pngIsabelle Bastian2015-11-14 23:30:472015-11-15 14:41:57Tagebuch „Nachhilfestunden in Heimweh“, 1972, 2
Ich schäme mich nicht zwei Erlebnisse, die mir tiefen Einblick in die Höhen und Tiefen des menschlichen Daseins gewährten, zum Anlass zu nehmen, die Art des Darstellungsstils, welchen moderne Psychoanalyse einerseits, der Wunsche zum überhöhten Realismus und die Sehnsucht jedes Künstlers nach Wahrhaftigkeit andererseits, zu analysieren.
Ich habe mich sogar, während ich Augenzeuge dieser beiden „Scenen“ aus dem Leben war, dabei ertappt, die Acteure in gute und schlechte Schauspieler einzuteilen. Ich ging also soweit, Menschen, die in ungewöhnlichen Situationen belauscht wurden, nach ihrer Reaktion zu bewerten. Weiterlesen
https://curdjuergens.deutsches-filminstitut.de/medien/2015/11/1_7_Gedanken_ueber_das_Schauspielen2_002.jpg14001000Isabelle Bastianhttps://curdjuergens.deutsches-filminstitut.de/medien/2015/09/cj-logo-h156.pngIsabelle Bastian2015-11-14 14:08:252015-11-22 21:15:37Gedanken über das Schauspielern, ca. 1940er Jahre, 2
Die Kamera “spürt“ was der Mensch denkt, sie “wittert“ jede Veränderung und, wenn Du ihr richtig entgegentrittst reisst sie Dir erbarmungslos alle Hüllen vom Leibe und Du stehst nackt armselig vor ihr ausgeliefert, bereit Dir in’s Herz schauen zu lassen
Und wie jeder Schaffensprozess ein zumeistens fast erotisches Glücksgefühl ist, so ist das vollendete Zusammenklingen auch bei unserem Beruf erst möglich wenn die Scham sich jubelnd verflüchtigt und nur Liebe und Demut bleibt. Weiterlesen
https://curdjuergens.deutsches-filminstitut.de/medien/2015/11/1_7_Gedanken_ueber_das_Schauspielen1_002.jpg14001022Isabelle Bastianhttps://curdjuergens.deutsches-filminstitut.de/medien/2015/09/cj-logo-h156.pngIsabelle Bastian2015-11-14 13:48:452015-11-22 21:14:02Gedanken über das Schauspielern, ca. 1940er Jahre, 1
Schriften zur „neuen“ Form des Theaters und sein Verhältnis zum Film, 1940er Jahre
So grausam es klingen mag; die Theaterkrise bietet einen günstigen Anlass sich auf die Suche nach einer neuen Form des Theaters, nach einem Stil zu begeben, der den veränderten kulturellen und zivilisatorischen Umständen unserer Zeit Rechnung trägt. Ich sage ausdrücklich zivilisatorisch, weil es keinen Sinn haben kann, wollten wir die Entwicklungen der Hygiene und der Technik nicht auch in die moralischen und ästhetischen Betrachtungen über das heutige Theater einbeziehen. Weiterlesen
https://curdjuergens.deutsches-filminstitut.de/medien/2015/11/2_7_Konv_Theater-Film_Krise_1940er_005.jpg1024713Isabelle Bastianhttps://curdjuergens.deutsches-filminstitut.de/medien/2015/09/cj-logo-h156.pngIsabelle Bastian2015-11-14 01:45:212015-12-23 20:32:42Schriften zur „neuen“ Form des Theaters und sein Verhältnis zum Film, 1940er Jahre
Schriften zum Schauspieler im Theater und im Film, ca. 1940er Jahre
Schauspieler[,] die am Theater mit Leichtigkeit seitenlange Texte auswendig lernen, die zum Studium einer Rolle grossen klassischen Ausmasses nur wenige Tage brauchen kleben oft ängstlich an einem Dialogfetzen wenn die Kamera zu surren beginnt:
Ist es die Nervosität der Premiere? Nein[.] Die Angst vor der “Technik“? Wohl nur zum Teil: Immer muss es das unbewusste Gefühl der Unterlegenheit gegenüber einem Ding sein das immer konzentriert ist.
Die Kamera ist immer konzentriert
gesammelt
Der Mensch und der Darsteller vor allem leider nicht.
Die Kamera erinnert mich oft an ein Tier, das den Menschen verwundert, gesammelt, überlegen, mit der atavistischen Konzentrationsfähigkeit anschaut.
Schriften zum Schauspieler im Theater und im Film, ca. 1940er Jahre
Die Erkenntnis, dass eine Scene wirkungslos ist wenn der Darsteller nicht im richtigen Licht steht, hat den Filmschauspieler gezwungen aus der Beengung, der Einschränkung der persönlichen Freiheit wie ich es nennen möchte, eine Tugend zu machen und so muss seine Arbeit viel mehr als am Theater immer eine gebändigte eine beherrschte Leistung sein, deren Kraft eben darum suggestiv und unmittelbar wirkt. Weiterlesen
https://curdjuergens.deutsches-filminstitut.de/medien/2015/11/2_7_Aufz_Theater_Film_allgem_002.jpg1024740Isabelle Bastianhttps://curdjuergens.deutsches-filminstitut.de/medien/2015/09/cj-logo-h156.pngIsabelle Bastian2015-11-14 01:26:282015-12-23 20:08:33Schriften zum Schauspieler im Theater und im Film, ca. 1940er Jahre
Curd Jürgens über Romy Schneider in den 1950er Jahren
Ich stelle vor: “Preminger – Magda Schneider.“
“Und ich weiß nicht, ob Sie von Romy Schneider gehört haben, Magdas Tochter. Sie ist im Moment in Deutschland ein unerhört erfolgreiches Mädchen. Sie ist unsere ‚Wunder-Sissy’.“
Da zupft mich Otto Preminger am Arm und zieht mich auf die Terrasse hinaus. Und sagt: „Spricht dieses zauberhafte Mädchen denn englisch oder französisch? Ich drehe in zwei Monaten hier an der Côte d’Azur der Sagans Erfolgsbuch ‚Bonjour Tristesse’. Eigentlich bin ich nur hier, um mir Ihr Haus anzuschauen, ob ich hier filmen könnte.“ Weiterlesen
https://curdjuergens.deutsches-filminstitut.de/medien/2015/11/1_7_Romy_Schneider_Typoskript_50er_001.jpg1400999Isabelle Bastianhttps://curdjuergens.deutsches-filminstitut.de/medien/2015/09/cj-logo-h156.pngIsabelle Bastian2015-11-14 01:06:072015-11-14 01:37:17Curd Jürgens über Romy Schneider in den 1950er Jahren