Curd Jürgens an Anni Boos. [München, 1946]
Wie mir durch meinen Schwager Hermann Basler mitgeteilt wird, hat Robert ein Briefchen geschickt, in dem er bestätigt, daß das seinerzeit vorigen Sommer bei Ihnen deponierte Silberkästchen von mir anläßlich meines letzten Besuches in Wöllstein abgeholt worden sei. Ich muß Ihnen ganz ehrlich sagen, daß durch die vielen Verlegungen und unendlichen Transportschwierigkeiten kurz nach der Überrollung es mir einfach nicht mehr möglich ist zu übersehen, ob dabei wirklich der Silberkasten von Wöllstein abtransportiert worden ist oder nicht. Ich war bisher der festen Überzeugung, daß der Silberkasten nicht abgeholt worden ist und finde auch keine Möglichkeit, wo er sonst sein könnte. Auch Judith, die mir beim Einladen seinerzeit half, teilt meine Ansicht. Meine Frau verlangt nun diesen Silberkasten zurück. Ich bitte Sie, die große Liebenswürdigkeit zu haben, zusammen mit Ihrem Herrn Vater alles zu tun, um sich womöglich zu erinnern, ob dieser Kasten doch noch in Wöllstein geblieben ist. Es ist bei der Vielfalt der Gegenstände, welche Robert freundlicherweise im Hause Wöllstein von Freunden untergebracht hat, wahrscheinlich ein großes Durcheinander im Laufe der Zeit entstanden und es ist sicher gut möglich, daß so ein kleiner Silberkasten einfach in Vergessenheit geraten ist. Ich bitte Sie nochmals mir zu verzeihen, daß ich Ihnen nun auch noch Unannehmlichkeiten mache und die Mühe einer neuerlichen Untersuchung, aber ich hoffe, daß Sie meine Situation verstehen werden. Bitte wollen Sie eine Nachricht an mein Münchner Büro Paradiesstr.10, München 22, senden.
Ich hoffe, sehr verehrtes gnädiges Fräulein, daß es Ihnen sehr gut geht und Sie und Ihre Familie den Winter gut verbracht haben. Ich bitte Sie, meine herzlichsten Grüße für Sie und Ihre Eltern zugleich mit meinem herzlichsten Dank für Ihre freundliche Mühewaltung schon jetzt entgegennehmen zu wollen.
Ihr
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!