Tagebucheintrag vom 2.1.1959
2. Januar
Gegen 3h, ohne sonderliche Feierlichkeit, ohne sonderlichen Höhepunkt, ohne besonderen Einschnitt – das neue Jahr – wahrgenommen zu haben – gingen Simone & ich in XAVIERE & Steffi’s Zimmer schlafen, so den Rest der zusammengeschmolzenen Gesellschaft unter der Obhut der Schwiegermutter & Steffis lassend.
Ich kann nicht sagen, dass es ein besonders sensationelles Sylvester war, weder äusserlich noch emotionell, wo ich doch gern und abergläubisch solchen Augenblicken eine Bedeutung beimesse, und eifrig nach Elementen suche, die einen Ausblick geben. Diese Engländer kennen keine Feiertage – Gleich wieder arbeiten, am 1. Jänner!
Wir drehen da an einem entlegenen, pittoresken Platz, ungefähr eine Stunde Motorbootfahrt vom zentralen Star-ferry-Hafen Hongkongs entfernt[.] Es soll dort die Sequenz entstehen, in der das Fährschiff an den rotchinesischen den Ufern strandet. Ein fauler Nachmittag in stechender Sonne, blaue violett schillernde Hügel ragen dicht in’s gelbe chinesische Meer, Dschunken mit bettelnden Bewohnern umringen das Fährschiff die IFAA-TSAN, in der Ferne hält ein Polizeiwachboot. Um sicher zu sein. Die rotchinesischen Gewässer sind nicht allzufern, und es könnte leicht passieren, dass die Filmgeschichte Wahrheit wird. Walter Hiss, der Quickcorrespondent, der hergeschickt […]
[…] wurde, um einen Lebensbericht zu schreiben ist heute mitgekommen. Er wird wohl auch das neue Jahr mit Arbeit beginnen. Zwischen den Aufnahmen spielen wir Schach. Die chinesischen Arbeiter umringen uns und erteilen jedem Zug einen besonderen Anteil. Nicht, dass sie „Ah“ und „Oh“ rufen, aber sie beteiligen sich, obwohl ich nie habe herausbekommen können, ob sie Schach spielen können. Endlich bin ich „abgedreht“
Man entlässt mich auf einem „tug“ einem kleinen Motorboot, nach Hause, als nach 10 Minuten Fahrt, die Kon-tiki auftaucht, unsere kleine Yacht, die wir für 11.000 HK $ gemietet haben für drei Monate. Die Kon-tiki hat fünf Mann Besatzung, zwei nette Kabinen, einen deck-living-room, und eine upper-deck-terrasse zwei Diesel-motoren, Neon- und gemütliche Beleuchtung (N’oublions pas que la nuit du I. Janvier j’ai pissé dans mon lit)[.] Eine gut ausgerüstete Bar und jetzt einen bay[e]rischen Weihnachtsbaum vorn neben dem Steuer voll glitzernder Wunderdinge.
Weihnachten hatte Simone auf der Kon-tiki organisiert mit einem Diner von Goddis und schimmernden Kerzen; dann hatte unser Sekretär Peter Koenig einen Platz ausfindig gemacht, wo wir Anker warfen, in einer stillen Bucht, wo dort vom Land fern der Trubel der chinesischen Weihnacht mit bunten Lichtern und Knallfröschen zu uns herüberdrang und sich mit den Wiener Sängerknaben die „Stille Nacht“ sangen (Platten die wir mitgebracht hatten) vermischten. Simone hatte Geschenke für alle gehabt und Steffi war wieder besoffen.
4. Januar
Überhaupt Steffi: Sie hat ihre eigene Art sich zu unterhalten. Unlängst machte sie den Versuch in Geleise femininer Sexualität zurückzukehren und lachte sich in einer Matrosenbar, in der wir alle ein paar heben gingen, einen riesigen, wunderschönen Sailor an, den sie zu sich in’s feine Repulse-Bay Hotel nahm, wo er erstmal in der Hall stillvergnügt in ein Blumenarrangement pisste, bevor er ihr auf’s Zimmer folgte. Am nächsten Morgen wurde sie ihn nur los, als sie ihn anschrie: Mein Mann kommt! – Wir hatten vorher vorsorglich alles Geld und Schmuck aus Steffi’s Zimmer sichergestellt.
Wir haben viele schöne Nächte und Tage auf der Kon-tiki verbracht, seit wir aus Macao zurückgekehrt waren. Nach beendeten Nachtaufnahmen am romantischen aber gegen 3h früh stinkenden Yamati-Pier fuhren wir los, tranken noch ein paar Gläschen an Deck und gingen dann schlafen in die Kabine, vom Rattern der Diesel eingelullt. Dann plötzlich erwacht man, die Motoren sind abgestellt. Heilige Stille. Das Boot hat in der Deepwater-Bay, oder dert Repulse Bay Anker geworfen. Man schaut hinaus, im Mondlicht zeichnen sich ein paar Dschunken auf dem Meer ab, alles schläft, die Wellen plätschern. Heilige chinesische Stille. Erst als die ganze Weihnachtsgesellschaft […]
[…] antanzte, haben wir wieder zur Repulse Bay gezogen und das kleine, komische Absteigequartier zum Baden und für die Post im Astor Hotel in Kowloon aufgegeben, und auch nur noch selten auf der Kon-tiki übernachtet.
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