Schriften zur „neuen“ Form des Theaters und sein Verhältnis zum Film, 1940er Jahre
So grausam es klingen mag; die Theaterkrise bietet einen günstigen Anlass sich auf die Suche nach einer neuen Form des Theaters, nach einem Stil zu begeben, der den veränderten kulturellen und zivilisatorischen Umständen unserer Zeit Rechnung trägt. Ich sage ausdrücklich zivilisatorisch, weil es keinen Sinn haben kann, wollten wir die Entwicklungen der Hygiene und der Technik nicht auch in die moralischen und ästhetischen Betrachtungen über das heutige Theater einbeziehen. So wie das Penicillin den humpelnden Tabetiker von der Bühne verscheucht hat, genau so muss und soll aber auch der Film die Form der “sentimentalen, d.h. gefühlsbetonten Reportage“ von der Bühne jagen.
Das Publikum muss in’s Theater gehen um sich Dinge anschauen und hören zu können, die es im Film nicht vorgesetzt bekommt, und es geht in den Film weil es dort Dinge und Schicksale vor sich abrollen sieht, die ihm kein Theater vorzaubern kann.
Meiner Meinung nach muss die Suche nach dem Grund für unsere viel besprochene Theaterkrise in erster Linie von Überlegungen und Betrachtungen geführt sein welche unser gesamtes heutiges geistiges und zivilisatorisches Schaffen einbezieht
Thomas Mann endlich will dass Kunstgenuss kalten Geistes erarbeitet wird
Nun, und der Schauspieler?
Zuckmayer erzählte uns in einem Artikel über Werner Krauss, dass dieser genialste Schauspieler eine wehmütige Sehnsucht nach der Maske hat (und mit ihm hat sie, glaub ich, fast jeder Kollege)
Nur warum? Die Herkunft scheint einfach weil wir in einer Welt, in der der Film durch seine Grossaufnahmen, Sigmund Freud durch seine Psychoanalyse, die letzten, feinsten Regungen der menschlichen Seele zu offenbaren imstande sind, wir Schauspieler der Bühne es garnicht mehr nötig haben ab und zu mit einem verständnisheischenden Augenzwinkern mehr “Menschlichkeiten“ zu spielen. Das tut die verwöhnte Phantasie des Zuschauers von ganz allein im Rückerinnern an den Film
Der Film hat über das Theater gesiegt? Nein
Der Film hat seine Entwickung in einer Zeit genommen, in der am Theater die Form des Realismus und Naturalismus dominierte. Nur zu verständlich, dass der Film sich der dramatischen Manier seiner Zeit annahm, sich auf ihr entwickelte u. heute weit überflügelt hat.
Deshalb hat er aber nicht über das Theater[,] das ewige Theater gesiegt.
Sondern das Theater muss sich auf die ihm in der heutigen Zeit adäquate Form besinnen.
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